Unseriöser geht es kaum: Die aktuelle „Bildungs“chancenstudie des ifo- Instituts ist ideologisch, populistisch und bildungsfeindlich

„Mit seriöser Statistik hat diese Untersuchung nichts zu tun.“ Mit scharfen Worten kommentiert die Mathematikerin und Vorsitzende des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz, Cornelia Schwartz, die heute publizierte Studie des ifo-Instituts München „Ungleiche Bildungschancen: Ein Blick in die Bundesländer“, die unter anderem von dem Bildungsökonomen Ludger Wößmann herausgegeben wurde. „Anders als mit der Bezeichnung 'fake news' lässt sich die Interpretation der Zahlen durch die sogenannten Bildungsökonomen der Forschungseinrichtung nicht charakterisieren. Sie schadet den Bemühungen um bessere Bildung erheblich“, so Schwartz weiter.

Nach Meinung des ifo-Instituts gehört Berlin zu den Bundesländern mit der größten Bildungschancengerechtigkeit, Bayern dagegen zu den Schlusslichtern. Dabei wird Bildungschancengerechtigkeit an der „Wahrscheinlichkeit eines Gymnasialbesuchs für Kinder mit niedrigerem Hintergrund (weder ein Elternteil mit Abitur noch oberes Viertel der Haushaltseinkommen)“ gemessen. Eine solche Festlegung, die Bildungschancen allein am Namen des von den Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern gewählten Bildungsgangs festmacht, ist absurd. „Völlig nebensächlich scheint den Studienautoren das, was in den jeweiligen Bildungseinrichtungen vermittelt und gelernt wird. Absolut unbeachtet bleibt auch die Tatsache, dass die meisten Arbeitgeber einen Bewerber mit einem ordentlichen bayerischen Realschulabschluss einem mittelmäßigen Berliner Abiturienten vorziehen, so dass sich die Chancengerechtigkeit der Absolventen auf dem späteren Arbeitsmarkt gänzlich anders darstellt. Wir hätten nach dem verfehlten Ansatz der Studie ein Optimum an Bildungsgerechtigkeit, wenn wir alle Schulformen außer dem Gymnasium abschaffen würden“, bringt die Landesvorsitzende des Philologenverbandes die Absurdität des Forschungsergebnisses auf den Punkt. „Tatsächlich geht die ideologische Voreingenommenheit der Autoren jedoch genau in diese Richtung einer Einheitsschule, wenn sie das immer wieder als Bildungsverliererland titulierte Berlin als Vorbild für Bildungsgerechtigkeit hinstellen, weil dort die Grundschulzeit zwei Jahre länger als in den meisten anderen Bundesländern dauere. Hier zeigt sich ein weiteres Mal, wie wichtig es wäre, die PISA-Ergebnisse nach den Bundesländern aufgeschlüsselt zu veröffentlichen. Dann würde sich offenbaren, wie weit abgeschlagen das Berliner Schulsystem im Länderranking rangiert. Im übrigen zeugt das Papier des ifo-Instituts von einer unerträglichen Arroganz gegenüber der guten Arbeit, die an Realschulen und Hauptschulen geleistet wird“, kommentiert Schwartz die missglückte Studie abschließend.